Donnerstag, 31.03.2011 19.00 Uhr
Deutsch-Amerikanisches Institut, Sophienstr. 12
Sarrazin betreibt rassistische Hetze. Was gibt es da zu diskutieren?
Für Donnerstag, den 31. März 2011 hat das Deutsch-Amerikanische Institut (DAI) Thilo Sarrazin eingeladen, unter dem rechten Titel "Grenzen und Pflichten von Political Correctness" seine altbekannten rassistischen Thesen zum Besten zu geben.
Der ehemalige Bundesbanker hatte bereits in seiner Zeit als Berliner SPD-Finanzsenator keinen Hehl aus der Verachtung gemacht, die er dem Pöbel entgegenbringt, insbesondere aber dem Pöbel, der keinen Nachweis deutscher Abstammung vorzuweisen hat. Mit seinem Bestseller "Deutschland schafft sich ab" setzte er im vergangenen Jahr noch eins drauf. Den Untergang Deutschlands sieht Sarrazin in erster Linie hereinbrechen, weil sich Musliminnen und Muslime und andere Minderbegabte (lies: Minderwertige) unkontrolliert vermehren.
Das Ganze wird präsentiert mit der vollmundigen Ankündigung, das DAI scheue keine "heißen Eisen". Warum es ein heißes Eisen sein soll, einem rassistischen Einpeitscher ein Forum zu bieten, dessen stumpfe Parolen von BILD-Zeitung bis Spiegel als "wichtige Denkanstöße" und "mutiger Tabubruch" beklatscht wurden, bleibt ein Geheimnis der DAI-Macher.
"Hat es nicht immer besonderer Sprache, besonderer Umstände bedurft, dass wir uns dringlichen Problemen gestellt haben?", fragt das DAI in seiner Veranstaltungsankündigung.
Die besondere Sprache Sarrazins ist in Deutschland zum letzten Mal in dieser Deutlichkeit und Öffentlichkeit von den Nazis gesprochen worden: "Alle Juden teilen ein bestimmtes Gen", lässt Sarrazin in seinem Buch wissen. Bislang behauptet Sarrazin noch die angebliche "Überlegenheit" der "jüdischen Rasse": "Osteuropäische Juden" hätten einen "um 15 Prozent höheren IQ" als die "deutsche Bevölkerung". Die Ergänzung dieser Behauptung durch die angebliche jüdische Weltverschwörung können bei Gelegenheit dann andere nachliefern.
Die biologische Bestimmung, wer nach rassischen Kriterien "Jude" oder "Ausländer" sei, spricht das aus, was sich hierzulande selbst die NPD noch offen zu sagen scheut. Sarrazin dagegen redet Klartext: "Man muss davon ausgehen, dass menschliche Begabung zu einem Teil sozial bedingt ist, zu einem anderen Teil jedoch erblich. Der Weg, den wir gehen, führt dazu, dass der Anteil der intelligenten Leistungsträger aus demographischen Gründen kontinuierlich fällt." Dass es in Deutschland immer mehr Arme gibt, die einer immer kleineren Anzahl von Wohlhabenden gegenüberstehen, kann sich Sarrazin nur damit erklären, dass sich die Eliten mit ihrer überragenden Begabung nicht ausreichend fortpflanzen, wogegen die (in Sarrazins Weltbild vor allem muslimischen) Unterschichtsangehörigen "ständig neue kleine Kopftuchmädchen produzieren". Für zehn Euro darf nun also auch die rot-grüne Schickeria - dem Ruf des Sarrazins folgend - ins DAI pilgern und sich dort wohlig-gruselnd die Verachtung des ehemaligen Bundesbankers für alle Unterprivilegierten anhören - um hinterher abseits zu raunen, dass der Tabubrecher ja irgendwie recht habe. Denn dass Erfolg und Wohlstand ein Ergebnis von Begabung und Fleiß seien, dafür ist mensch ja schließlich selbst das beste Beispiel, nicht wahr?
Unter dem Mäntelchen des "Tabubruchs" bedient das DAI nicht zum ersten Mal die intellektuelle Sparte des deutschen Stammtischs. Im Jahr 2004 war es der australische "Bioethiker" Peter Singer, der - selbstverständlich präsentiert als "kontroverse Debatte" - seine Thesen vom lebensunwerten Leben im DAI unters Volk bringen durfte.
Kurz nach Erscheinen von Sarrazins rassistischem Phrasenkonglomerat hatte das DAI schon einmal eine Sarrazin-Veranstaltung geplant, die dann doch kleinlaut abgesagt wurde: "Wir sind ein starker Verfechter der Meinungsfreiheit, aber momentan lässt sich keine sachliche Diskussion führen, zu aufgeheizt sind die Gemüter", erklärte der DAI-Sprecher Stefan Weber damals. Heute hält das DAI offensichtlich den Zeitpunkt für gekommen, "ganz sachlich" über erbliche Intelligenz, Zuwanderungsstopp und den Kampf gegen die Minderbegabten zu diskutieren.
Die Welt hat einschlägige Erfahrung damit, was droht, wenn sich die herrschende Elite in Deutschland mit dem rassistischen Mob verbündet. Mit RassistInnen gibt es nichts zu diskutieren, sie sind auch nicht zu "entlarven", indem man sie als gleichwertige GesprächspartnerInnen behandelt. Der einzige Zweck, dem die Veranstaltung im DAI dient, ist der, die stumpfen rassistischen Parolen Sarrazins als diskussionswürdige Thesen zu präsentieren. Der Beifall des faschistischen Mobs ist dem DAI dabei ebenso gewiss wie der der saturierten WohlstandsbürgerInnen, die ihren Ressentiments endlich freien Lauf lassen möchten.
Mit RassistInnen gibt es nichts zu diskutieren! Gegen das Bündnis von rassistischem Mob und herrschender Elite!
Langtexte kommen meist von den VeranstalterInnen. Das Sozialforum ist hier nur Bote.