Mittwoch, 20.05.2015 19.30 Uhr
Heuscheuer, Große Mantelgasse 2, HD-Altstadt (Nähe Marstall)
Am 20.05.2015 um 19:30 findet in Heidelberg ein Vortrag des Soziologen Prof. Dr. Gerhard Stapelfeldt statt. Unter dem Titel “Vom Tabu zur informierten Erinnerungslosigkeit” soll eine Kritik der sozialwissenschaftlichen Verdrängung des Nationalsozialismus erfolgen.
Wenn Horkheimers und Fromms Aufklärung der inneren Struktur des Bürgers des autoritären Staates, des sado-masochistischen Charakters, zutrifft: dieser habe die anonym-irrationalen Verhältnisse so vollständig verinnerlicht, daß er zur bloßen Personifikation von Verhältnissen gebildet sei, die ihm nur noch als ein „unabänderliches“, „blindes und allmächtiges Fatum“ erschienen, dann ist mit der Ausführung des Staatsterrors bereits dessen spätere Verdrängung mitgesetzt. Schon der autoritäre Staat war eine Gemeinschaft gesellschaftlich bewußtloser Bürger; schon der autoritäre Staat war das „Schreckbild einer Menschheit ohne Erinnerung“.
Die deutschen Sozialwissenschaften leisteten einst durch ihren von Fichte bis Sombart und Freyer reichenden Weg in den Nationalsozialismus nicht bloß einen bedeutenden Beitrag zur Legitimation des „autoritären Staates“ und zur Realisierung des Massenmords. Sie trugen nach 1945 auch zur Verdrängung der „Barbarei“ bei: durch Tabuisierung, durch Verweis der Verbrechen in eine vergangene Vergangenheit, durch die Konstruktion des Nationalsozialismus als einer geschichtlichen Regression, durch informierte Erinnerungslosigkeit. Die Soziologie in der Bundesrepublik Deutschland hat das herrschende Selbstverständnis formuliert, aber nicht aufgeklärt.
Veranstalterinnen: RLS-Club Rhein-Neckar und AKUT[+C]
Langtexte kommen meist von den VeranstalterInnen. Das Sozialforum ist hier nur Bote.