Mittwoch, 09.11.2016 19.30 Uhr
Albrecht Müller ist nicht nur ein Zeitzeuge, sondern ein Mitgestalter der Ostpolitik von Willy Brandt. Er managte 1972 dessen Wahlkampf und war unter Brandt und Helmut Schmidt Leiter der Planungsabteilung im Bundeskanzleramt.
Willy Brandt hatte ab 1966 zunächst als Außenminister, ab 1969 als Bundeskanzler mit seinem – zusammen mit Egon Bahr entwickelten – Konzept „Wandel durch Annäherung“ die „Neue Ostpolitik“ eingeleitet.
Die radikale Abkehr vom bisherigen Konfrontationskurs der Adenauer-Ära bedeutete eine Zäsur im damaligen Klima des Kalten Krieges. Mit den Ostverträgen begann seine Regierung einen Kurs der Entspannung und des Ausgleichs mit der Sowjetunion, der DDR, Polen und den übrigen Ostblockstaaten.
Für diese Politik erhielt Brandt 1971 den Friedensnobelpreis und sagte bei der Verleihung: „Es geht darum, Kriege abzuschaffen, nicht nur, sie zu begrenzen. Krieg ist nicht die ultima ratio, sondern die ultima irratio“.
Dann fiel 1989 die Mauer, Deutschland wurde wiedervereinigt, die Sowjetunion zerfiel, der Warschauer Pakt löste sich auf, und viele Menschen erfüllte die große Hoffnung, dass nun die Zeit der Konfrontation beendet werden könnte. Statt von ständiger Aufrüstung sprach man in Ost und West von gemeinsamer Sicherheit und Abrüstung, dem Bau eines „gemeinsamen Hauses Europa“ mit Russland.
Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der Auflösung des Warschauer Pakts war eigentlich auch der offizielle Zweck für die Existenz der Nato entfallen: Selbst die SPD forderte die Auflösung der Nato in ihrem Berliner Grundsatzprogramm von 1989. Während der Verhandlungen über den Beitritt der DDR wurde Seitens der westlichen Regierungen zumindest versprochen, dass sich die Nato nicht über das Gebiet der ehemaligen DDR hinaus weiter nach Osten ausdehnen würde.
Was ist daraus geworden?
Albrecht Müller sagt: Wir sind betrogen worden. Bereits in den 1990er Jahren schwenkten die führenden Nato-Staaten um: Die Nato wurde bis an die Grenzen Russlands ausgeweitet, in Polen unter dem fadenscheinigen Vorwand einer Gefahr aus dem Iran ein Raketenabwehrschild errichtet, Atomwaffen wurden in Deutschland modernisiert, Manöver an der russischen Grenze abgehalten, Sanktionen gegen Russland verhängt usw.
Die große Mehrheit der Deutschen will jedoch ein gutes Verhältnis zu Russland, lehnt Kriege ab und betrachtet die- se Entwicklung daher mit großer Sorge.
Wie konnte es soweit kommen? Was sind die Hintergründe? Was können wir dagegen tun?
Albrecht Müller, gebürtiger Heidelberger, der sich seit vielen Jahren als Publizist, Politiker und Mitherausgeber der „Nachdenkseiten“ aktiv in der Friedensbewegung mit diesen Fragen auseinandersetzt, wird sich in seinem Vortrag diesen Themen widmen.
Langtexte kommen meist von den VeranstalterInnen. Das Sozialforum ist hier nur Bote.