Samstag, 16.02.2019 12.14 Uhr
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Aufruf der US-Friedensbewegung: U.S. hands off Venezuela! No U.S. War on Venezuela!
Am 23. Januar ernannte sich der bisher unbekannte, rechte Oppositionspolitiker Juan Guaidó selbst zum Präsidenten Venezuelas. Die Selbsternennung erfolgte in enger Abstimmung mit der US-Regierung, die ihn nur Minuten später anerkannte. Hinter ihn stellten sich sofort auch die reaktionären lateinamerikanischen Regierungen Brasiliens und Kolumbiens. Die Regierungen von 13 EU-Staaten, darunter Deutschland, Frankreich und Spanien folgten wenig später.
Gegen US-Interessen: Eigenständigkeit …
Schon seit der Wahl Hugo Chávez 1999 zum Präsidenten bemühen sich die USA um einen Machtwechsel im Land mit den größten Ölreserven der Welt. In der früher hauptsächlich von den Öleinnahmen profitierenden Oligarchie Venezuelas fanden sie dafür willige Verbündete. Der von Chavez initiierte Kampf gegen die Armut, der Nutzung der Öleinnahmen zur Unterstützung einer von den USA unabhängigen Entwicklung der Region und das lateinamerikanische Bündnis ALBA widersprach den wirtschaftlichen und strategischen Interessen Washingtons komplett.
… und Sozialpolitik
Durch massive Steigerung der Ausgaben für Soziales, Gesundheit, Bildung und Wohnen konnte bis 2010 die Rate der extremen Armut von 40% auf 7% und die Unterernährungsrate von 21% auf 5% der Bevölkerung gesenkt, die Kindersterblichkeit halbiert und der Analphabetismus beseitigt werden. Venezuela erreichte den geringsten Grad an Ungleichheit in der Region, basierend auf dem Gini-Koeffizienten der UNO.
Krise allein durch Misswirtschaft Maduros?
Im Jahr 2014 stürzte Venezuela in eine tiefe Wirtschaftskrise. Auch wenn Misswirtschaft und Korruption ihren Teil dazu beitrugen, so waren die Hauptursachen der drastische Einbruch des Ölpreises, das verschärfte US-Embargo und die wirtschaftliche Sabotage. 95% der Exporteinnahmen Venezuelas kommen aus der Ölindustrie. Auch Chavez und seinem Nachfolger ist es nicht gelungen diese Jahrzehnte alte extreme Abhängigkeit zu beenden. Es gab zwar Bemühungen in diese Richtung, aber die Priorität lag auf der Bekämpfung von Armut, Wohnungsnot etc..
Nach dem Einbruch der Ölpreise brauchte Venezuela dringend zusätzliche Finanzmittel, um die Defizite im Haushalt der Regierung und bei der Finanzierung der Wirtschaft zu decken. Mit eigenmächtigen „Sanktionen“ verhinderte die US-Regierung jedoch den Zugang Venezuelas zu dem US-dominierten internationalen Finanzsystem und blockierte direkt oder indirekt den Import wichtiger Waren und Medikamente. Der Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrates für die Region, Alfred De Zayas, bezeichnete die „Wirtschaftssanktionen und Blockaden“ als „vergleichbar mit mittelalterlichen Belagerungen von Städten“ und empfahl, sie vom Internationale Strafgerichtshof als Verbrechen gegen die Menschlichkeit untersuchen zu lassen. Die Wirtschaft schrumpfte schließlich um etwa die Hälfte, der massivste Rückgang einer modernen Wirtschaft in Friedenszeiten. Oligarchie und Großunternehmen verstärkten die Warenknappheit und Abwärtsspirale zusätzlich mit der Einstellung ihrer Produktion und dem Schmuggel ins Ausland.
Regierung Maduro ohne Legitimation?
Nach dem Wahlsieg der Opposition bei den Parlamentswahlen 2015 stürzte das Land auch politisch in eine Krise. Um die Blockadehaltung des Parlaments zu überwinden, versuchte die Maduro-Regierung über Verhandlungen mit der Opposition zu einer Lösung des Konflikts zu kommen. Dafür wurde ab 2016 unter internationaler Vermittlung ein „Abkommen über demokratisches Zusammenleben für Venezuela“ ausgehandelt.
Die Vertreter der rechten MUD-Partei verweigerten am Ende jedoch – vermutlich auf Druck Washingtons – ihre Unterschrift. Präsident Maduro rief daraufhin im Sommer 2017 die laut Verfassung mögliche Wahl einer verfassungsgebenden Versammlung aus, die die Rolle des Parlaments übernehmen kann.Im Mai 2018 folgten vorgezogene Präsidentenwahlen. Entgegen häufigen Behauptungen, wurde die Teilnahme von Oppositionskandidaten dabei nicht blockiert. Sie fanden zudem auf dieselbe Weise statt, wie die von der Opposition gewonnenen Wahlen 2015. Durch den Boykott der Opposition ging die Wahlbeteiligung zwar auf 46% zurück, für Nicolas Maduro stimmten mit 6,2 Millionen Menschen, dennoch etwa 31% der Wahlberechtigten, mehr als die letzten US-Präsidenten erhielten (Obama 31% im Jahr 2008 und 28% im Jahr 2012, Trump 26% im Jahr 2016).
Auch wenn es Gründe geben kann, die Rechtmäßigkeit der Präsidentenwahl anzuzweifeln, so ist die Legitimität des selbsternannten Gegenpräsidenten Guaidó sicherlich wesentlich geringer. Die Verfassung sieht zwar vor, dass der Parlamentssprecher bei einem plötzlichen Ausfall des Präsidenten, etwa durch Krankheit oder Tod, dessen Amt interimsweise übernimmt. Von einem solchen Ausfall kann aber keine Rede sein. Vielmehr steht die Legitimität des Parlaments selbst auf Grund von Wahlmanipulationen für einzelne Abgeordnete in Frage. Außerdem hätte Guaidó innerhalb von vier Wochen Neuwahlen durchführen müssen. Diese Frist dafür ist längst abgelaufen. Einmischung der USA, Deutschlands und anderer EU-Staaten völkerrechtswidrig
Egal wie man die Auseinandersetzungen um Wahlen und das Präsidentenamt in Venezuela beurteilt, dies sind innere Angelegenheiten des Landes. Jede einseitige Einmischung verstößt eindeutig gegen internationales Recht. Weder in der OAS noch in der UN erhielten die USA und ihre europäischen Verbündeten eine Mehrheit für ihre Versuche der Einflussnahme auf Venezuela.
Lösung der Krise nur über Verhandlungen möglich
Um eine Verhandlungslösung zu erreichen, ist es dringend notwendig, die ausländische Unterstützung für einzelne Konfliktparteien einzustellen. Mexico und Uruguay als regionale Vertreter, die nicht direkt in den Konflikt involviert sind, haben die Durchführung von Verhandlungen angeboten. Diese wurden bisher aber von Guaidó abgelehnt. Er werde nur „über den Rücktritt von Maduro verhandeln“ ließ er mitteilen.
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