Freitag, 06.12.2002 20.00 Uhr
Evangelische Studierendengemeinde, Plöck 66
Seit Monaten wird in deutschen Medien über Terror und Krieg im Nahen Osten berichtet. Der Jahrzehnte währende Konflikt erscheint hier als eine schier unlösbare Frage. Die Hoffungen auf einen Friedensprozess, die große Teile der israelischen wie palästinensischen Bevölkerung an das 1993 von Rabin und Arafat unterzeichnete Abkommen von Oslo knüpften, sind faktisch erloschen. Das Abkommen hatte zumindest eine Teilautonomie für Palästina, Wahlen und einen Rückzug der israelischen Truppen vorgesehen.
Der Ausbruch des zweiten palästinesischen Aufstandes gegen die israelische Besatzung war Ausdruck des Scheiterns des sogenannten Friedensprozesses. Waren es bei der ersten Intifada Anfang der 90er Jahre Straßenblockaden und Steine werfende Jugendliche, die das Bild des Aufstandes prägten, so sind es bei der zweiten Intifada Selbstmordattentate, Anschläge auf israelische Zivilpersonen und Soldaten sowie der Beschuss von Siedlungen. Die israelischen Streitkräfte halten weiter große Teile der Westbank besetzt und sind zudem erneut in von ihnen bereits geräumte Gebiete und Städte im Gaza-Streifen und Westbank einmarschiert. Große Teile der erst in den letzten Jahren aufgebauten Infrastruktur in den besetzten Gebieten ist zerstört. Auf die palästinensischen Anschläge reagiert die israelische Regierung mit der Liquidierung derjenigen, die sie für die Anschläge verantwortlich macht - ohne Prozess. Blockaden der palästinensischen Gebiete durch die israelische Armee gehören zum Alltag. Auf beiden Seiten schüren Hardliner den Konflikt, um ihn weiter auf hohem Niveau fortzuführen, mit dem Ziel, ihre je eigenen Interessen durchzusetzen. Zahlreiche Tote, Leid und große Zerstörungen sind zu beklagen. Die palästinensische und die israelische Gesellschaft scheinen sich unversöhnlich gegenüberzustehen. Die Zeichen stehen auf Krieg. Und dieser Krieg strahlt weit über die Region hinaus.
Über diese Kriegspolitik herrscht in Israel keineswegs Einverständnis. Unter dem gemeinsamen Slogan "Die Besatzung tötet uns alle!" haben Friedensgruppen Demonstrationen mit Zehntausenden Teilnehmern und Teilnehmerinnen durchgeführt. Zahlreiche Initiativen sind in der Versöhnungsarbeit aktiv, unterstützen palästinensische Familien, deren Häuser zerstört wurden und machen Aktionen gegen die Blockaden des israelischen Militärs. Trotz einer stark militarisierten Gesellschaft, in der Kritik an der Armee tabuisiert ist, widersetzen sich Reservisten dem Einsatz in den besetzten Gebieten. Die Zahl der KriegsdienstverweigerInnen, die jeglichen Militärdienst ablehnen, steigt stetig.
Wir wollen diese Stimmen aus Israel zu Gehör bringen. Wir wollen einen anderen Blick auf die Verhältnisse ermöglichen und die Ansätze israelischer Antikriegsgruppen vorstellen. Auf einer Veranstaltungsreihe berichten VertreterInnen verschiedener Organisation aus Israel über:
Ursachen und gesellschaftliche Auswirkungen des israelisch-palästinensischen Konfliktes; Kriegsdienstverweigerung und ihre politische Bedeutung; Aktivitäten der israelischen Friedensbewegung; Initiativen für die israelisch-palästinensische Verständigung.
Ta'ayush
Ta'ayush (Partnerschaft) wurde gegründet, nachdem 13 palästinensische Bürger Israels bei einer Demonstration zu Beginn der zweiten Intifada von der Polizei getötet wurden. Die Organisation will durch gewaltfreie Aktionen von unten die Entfremdung zwischen beiden Gesellschaften überwinden. Ta'ayush organisierte workcamps in palästinensischen Dörfern in Israel und brachte Hilfslieferungen in palästinensische Dörfer, die in den besetzten Gebieten unter Belagerung standen. Die Organisation führte Protestaktionen durch, die gemeinsam von Palästinensern und Israelis getragen werden. In Ta'ayush sind Menschen mit unterschiedlichen Auffassungen und Positionen aktiv. Sie eint ein zentraler Grundsatz: jüdisch-arabische Solidarität. Auf den Veranstaltungen wird die Organisation gemeinsam vertreten von Personen arabischer wie jüdischer Herkunft. Ta'ayush, POB 59380, Tel-Aviv, Email: arab_jewish@hotmail.com
New Profile
New Profile ist eine feministische Plattform von Einzelpersonen, die die in Organisationen übliche Hierarchie ablehnt. Ihre Mitglieder setzen sich für Männer und Frauen ein, die den Kriegsdienst verweigern. Sie fordern die Anerkennung des Menschenrechts auf Kriegsdienstverweigerung. Mit Ausstellungen, Veranstaltungen und Seminaren bricht New Profile das Tabu, über die Militarisierung der israelischen Gesellschaft zu reden und setzt sich für eine Entmilitarisierung ein. Die Organisation spricht sich für die Zwei- Staaten-Lösung aus. New Profile ist Teil der Frauenkoalition für einen gerechten Frieden, einem Zusammenschluss verschiedener Frauenfriedensgruppen. New Profile, POB 3454, Ramat Hasharon 47100 Email:newprofile@speedy.co.il
Langtexte kommen meist von den VeranstalterInnen. Das Sozialforum ist hier nur Bote.