Nachttanzdemo Mainz - Dance your right to the city!

außerhalb  demo  kultur  party 

Samstag, 29.05.2010 20.00 Uhr

MAINZ HBF

Aufruf der Veranstalter:

Wir rufen Euch dazu auf das Recht auf Stadt zu er­grei­fen und sie nach Euren Be­dürf­nis­sen zu ge­stal­ten!

Einst­mals al­ter­na­ti­ve und bunte Wohn­vier­tel sol­len durch die der­zeit mo­der­ne und funk­tio­na­li­sier­te Stadt­po­li­tik „ver­schö­nert“ wer­den. Kul­tur­zen­tren und Ate­liers fal­len die­ser auf Kom­mer­zia­li­sie­rung aus­ge­rich­te­ten Stadt­pla­nung zum Opfer, be­zahl­ba­rer Wohn­raum wird sel­te­ner. So wer­den – auch hier in Mainz – Men­schen, die nicht zu den Wohl­be­gü­ter­ten zäh­len, an den Rand der Stadt ge­drängt. Diese Pro­zes­se ver­rin­gern aber noch weit rei­chen­der die all­ge­mei­ne Le­bens­qua­li­tät in Städ­ten: Denn auch für Kul­tur­zen­tren, Sport­ver­ei­ne oder klei­ne­re Cafés be­deu­ten die hohen Miet­prei­se, dass sie keine frei­en oder güns­ti­gen An­ge­bo­te mehr ma­chen kön­nen.

Ein Bei­spiel: die Wohn­bau Mainz be­schloss, ihre Mie­ten um 3% zu er­hö­hen, um sich aus der In­sol­venz zu ret­ten. Bei­spie­le aus der Ver­gan­gen­heit und ak­tu­el­le Ent­wick­lun­gen aus an­de­ren Städ­ten las­sen vor­her­sa­gen, dass da­durch ge­ne­rell die Mie­ten er­höht wer­den und der oh­ne­hin schon hohe Miet­spie­gel in Mainz wei­ter stei­gen wird. So wer­den WGs und Ap­par­te­ments z.B. auch für Stu­die­ren­de un­be­zahl­bar. Un­ge­se­hen des aku­ten Wohn­raum­man­gels stei­gen die Wohn­heim­mie­ten der­zeit schon in hor­ren­de Höhen. So kos­tet ein Zim­mer in der neu er­rich­te­ten Wohn­an­la­ge K3 360 Euro! Wel­che/r Stu­die­ren­de kann sich das noch leis­ten? Ge­lingt es dem Stu­die­ren­den­werk je­doch nicht, seine Wohn­hei­me ren­ta­bel zu be­trei­ben, wer­den sie an In­ves­tor_in­nen ver­kauft oder – wie ge­sche­hen beim Wohn­heim Gon­sen­heim – im schlimms­ten Fall ein­fach dicht ge­macht. Be­zahl­ba­rer Er­satz ist nicht in Sicht.

Ähn­lich am Zoll­ha­fen: Künst­ler_in­ne­n­ate­liers und Aus­stel­lungs­räu­me sol­len einem Wohn- und Ge­wer­be­kom­plex wei­chen, der nach der­zei­ti­gen Plä­nen vor­ran­gig für die Be­dürf­nis­se und Mög­lich­kei­ten der ge­ho­be­nen Schich­ten aus­ge­legt ist. Yacht­ha­fen in­be­grif­fen. Ab­surd! Jun­gen Künst­ler_in­nen wird ihre Ar­beit un­mög­lich ge­macht, viele Men­schen kön­nen sich keine Woh­nun­gen in der In­nen­stadt mehr leis­ten – aber es kreu­zen Yach­ten auf dem Rhein, des­sen Schön­heit nur noch von einer Min­der­heit ge­nos­sen wer­den kann. Denn auch die we­ni­gen öf­fent­li­chen Räume ent­lang des Rhein­ufers sind durch ge­plan­te Be­bau­un­gen in ihrer der­zei­ti­gen Nut­zung ge­fähr­det, wie Ent­wick­lun­gen am Zoll- und am Win­ter­ha­fen zei­gen. Trotz all die­ser Ent­wick­lun­gen ste­hen nach wie vor Ge­bäu­de in der Main­zer Kern­stadt leer, wer­den nicht ge­nutzt und hal­ten somit zu­sätz­lich die Miet­prei­se oben.

Jene Pro­zes­se fin­den statt, weil in einer Markt­wirt­schaft Städ­te in Kon­kur­renz zu­ein­an­der ste­hen und ei­nah­me­o­ri­en­tiert agiert wer­den muss. Die Ent­schei­dungs­ab­läu­fe fin­den ohne Be­tei­li­gung der be­trof­fe­nen Bür­ger_in­nen statt. Ge­ra­de im Rhein-​Main-​Ge­biet ma­chen das ver­hin­der­te Koh­le­kraft­werk und der seit Jahr­zehn­ten um­kämpf­te Aus­bau des Frank­fur­ter Flug­ha­fens diese Ent­wick­lun­gen be­son­ders deut­lich. Doch dies sind keine auf Mainz oder das Rhein-​Main-​Ge­biet be­schränk­ten Phä­no­me­ne! Sie sind sys­tem­im­ma­nent. In der Wis­sen­schaft taucht dazu seit 1964 der Be­griff Gen­tri­fi­zie­rung auf. In den letz­ten Jah­ren ist dies auch ver­stärkt das Thema so­zia­ler Be­we­gun­gen und der Öf­fent­lich­keit ge­wor­den.

Auch wenn ge­ne­rell nichts gegen eine Auf­wer­tung von Stadt­tei­len spricht, po­si­tio­nie­ren wir uns gegen die oft damit ein­her­ge­hen­de Ver­drän­gung är­me­rer Be­völ­ke­rungs­schich­ten und Per­so­nen, die an­geb­lich nicht ins Stadt­bild pas­sen. Statt­des­sen soll­te eine Um­struk­tu­rie­rung so­zi­al und selbst­be­stimmt er­fol­gen. Daher rufen wir dazu auf, diese Pro­zes­se nicht un­tä­tig hin­zu­neh­men! Wir rufen dazu auf, krea­tiv für eine ge­mein­sa­me Ge­stal­tung von Stadt ein­zu­tre­ten, in der die Be­dürf­nis­se aller be­rück­sich­tigt wer­den und die allen ein Recht auf Stadt er­mög­licht!

Be­wusst wol­len wir daher öf­fent­li­chen Raum wie­der krea­tiv nut­zen! – Durch eine Demo, in der jede/r ihre/seine krea­ti­ven und tän­ze­ri­schen En­er­gi­en frei­en Lauf las­sen kann und die das bunte, selbst­be­stimm­te und fröh­li­che Leben mit­ten in die Stadt trägt.

Tanzt durch die Stadt, er­tanzt Euch Euer Recht auf Stadt!

Langtexte kommen meist von den VeranstalterInnen. Das Sozialforum ist hier nur Bote.