Kundgebung: "Kriege brechen nicht aus, Kriege werden gemacht" zum Jahrestag der Kriegserklärung 1914

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Samstag, 02.08.2014 11.00 Uhr

Theaterplatz

Mit Rückendeckung der deutschen Führung erklärte Österreich-Ungarn am 28. Juli 1914 Serbien den Krieg. Das Deutsche Reich selbst folgte am 1. und 3. August mit Kriegserklärungen an Russland und Frankreich. Der deutsche Angriff auf Frankreich unter Verletzung der Neutralität Belgiens und Luxemburgs führte zum Kriegseintritt Englands. Der regionale Konflikt auf dem Balkan wurde so innerhalb weniger Tage zum Weltkrieg eskaliert, dem am Ende 17 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Die Massenschlachten bei Verdun, an der Somme und an der Marne symbolisieren seither den Wahnsinn des Krieges.

Schaut man auf die Veröffentlichungen der letzten Monate, so war der Erste Weltkrieg im August 1914 einfach "ausgebrochen", wie ein Vulkan. Nachdem "Konflikte sich hochgeschaukelt" hatten, so liest man, seien die europäischen Großmächte unaufhaltsam "in den Krieg hineinschlittert".

Wirklich Schuld hatte nach dieser Sichtweise keiner, höchstens der junge bosnische Attentäter Gavrilo Princip. Folgerichtig avancierte hierzulande das Buch des australischen Historikers Christopher Clark zum Bestseller, der Deutschland von der Kriegsschuld freispricht und behauptet, die Großmächte seien "wie Schlafwandler" in den Krieg getaumelt.

Dieser Geschichtsklitterung widersprechen wir entschieden. Kein Krieg ist unvermeidlich, jeder Krieg wird bewusst gemacht und für jeden Krieg gibt es daher auch Verantwortliche. Auch der Erste Weltkrieg war nicht zwangsläufig. Es gab Kräfte, die gezielt auf diesen Krieg hinsteuerten und dies, obwohl die fürchterlichen Dimensionen, die er annehmen könnte, den politischen, militärischen und wirtschaftlichen Eliten durchaus bewusst waren.

Auch dieser Krieg wurde, wie alle Kriege, wegen konkreter, vor allem wirtschaftlicher und geostrategischer Interessen geführt. Er entwickelte sich vor dem Hintergrund einer sich extrem zuspitzenden Konkurrenz zwischen den imperialistischen Staaten, nachdem die Welt weitgehend unter ihnen aufgeteilt war. In allen drängte das kapitalistische Wirtschaftssystem zwangsläufig auf wirtschaftliche Expansion, auf Eroberung neuer Märkte und Ressourcen.

Am aggressivsten agierten dabei jedoch die bei der Aufteilung "zu spät Gekommenen", allen voran das Deutsche Reich. Die politische und militärische Führung sowie die wirtschaftlichen Eliten des deutschen Kaiserreiches wollten den Krieg, da ihnen der Zeitpunkt günstig schien. Sie tragen daher die Hauptschuld an dem bis dahin fürchterlichsten Krieg der Weltgeschichte.

Die Erinnerung daran bleibt wichtig, da die wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen, die zum Ersten Weltkrieg führten, strukturell fortbestehen und potentiell kriegsgefährlich bleiben. Seit den 1990er Jahren wird der Kampf um strategisch wichtige Einflussgebiete und um die Sicherung und Kontrolle von Rohstoffvorräten und Transportwegen immer öfter militärisch geführt -- in und gegen Irak, Jugoslawien, Afghanistan, Libyen und Syrien. Solche Kriege und Interventionen werden zunehmen, je knapper die Ressourcen -- allen voran Öl und Gas -- werden. Auch der Konflikt der beständig nach Osten vorrückenden NATO und EU mit Russland wird immer schärfer und wird in der Ukraine seit dem vom Westen geförderten Putsch ebenfalls schon blutig ausgetragen.

Deutschland entwickelte sich parallel dazu wieder zu einer klassischen Großmacht, für die der Einsatz militärischer Mittel schon fast wieder selbstverständlich ist. Entscheidende Schritte dabei waren die Beteiligungen am Jugoslawienkrieg und an der Besetzung Afghanistans. Führende deutsche Politiker wie Gauck, Steinmeier und von der Leyen, sowie deut¬sche Denkfabriken und Leitmedien setzen sich unter dem Slogan "mehr deutsche Verantwortung" für einen verstärkten Einsatz deutschen Militärs, zur wirksamen Durchsetzung deutscher Interessen ein.

Im Zuge der Wirtschafts- und Bankenkrise wurde Deutschland endgültig zur dominierenden Macht in der EU und ist damit den Zielen, mit denen die deutschen Eliten in zwei Kriegen scheiterten, so nah wie nie: die Schaffung einer von Deutschland geführten politischen und wirtschaftlichen Union europäischer Staaten. Es liegt auf der Hand, dass auch die dadurch geförderten Ungleichgewichte zu zunehmenden Konflikten führen werden.

Die Millionen Toten der beiden Weltkriege mahnen uns: Es darf in Europa nie wieder Krieg sein und es darf von Europa nie wieder Krieg ausgehen. Die von EU-Staaten mitgeführten Kriege und Militär-Intervention müssen beendet werden. Statt auf Konkurrenzkampf und Expansion muss die deutsche Politik auf Anerkennung der legitimen Interessen anderer Staaten und die Erhaltung des Friedens ausgerichtet sein. Sie muss darauf verzichten, einseitige Interessen gegen den Willen von Nachbarn durchzusetzen. Das gilt auch angesichts der aktuellen Auseinandersetzungen in der Ukraine und ihres Widerhalls im Verhältnis Deutschlands und der Europäischen Union zur Russischen Föderation.

Deutsche Kriegsschuld nicht verwischen -- gegen Kontinuitäten deutscher Großmachtpolitik

Damals wie heute - Nein zum Krieg!

Veranstalter:
Antikriegsforum, VVN Heidelberg, DGB Kreisverband Heidelberg/Rhein-Neckar

Langtexte kommen meist von den VeranstalterInnen. Das Sozialforum ist hier nur Bote.