"Die NS-Führung im Verhör -- Nürnberger Mitschnitte der amerikanischen record group 238"

soziales  unimut 

Donnerstag, 25.08.2005 21.03 Uhr

SWR2 (UKW 88.8)

Die Gegner des Nationalsozialismus im eigenen Lande, der organisierte Widerstand, die deutsche Emigration und die Regierungen der Alliierten haben niemals einen Zweifel daran gelassen, dass die Nationalsozialisten für ihre Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden sollten. Deshalb bereiteten sie seit 1943 Prozesse gegen die nationalsozialistischen Führungsschichten und ihre Helfer in Wirtschaft und Gesellschaft vor. Mit dem Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher lösten sie 1945 ihre Ankündigung ein, und klärten die Öffentlichkeit insbesondere durch die Nürnberger Nachfolgeprozesse über das Ausmaß, die Voraussetzungen und die Strukturen nationalsozialistischer Herrschaft auf.

Eine achtteilige Hörfolge wertet die Überlieferung von Ermittlungsverhören und Prozessen aus und versucht, die Verknüpfung von Herrschaft, Ausbeutung und Vernichtung deutlich zu machen. Die meist erstmals öffentlich vorgestellten Tondokumente werden dabei möglichst nicht in Zitate zerstückelt, sondern in Realzeit hörbar gemacht.

»Nachdem die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse beendet waren, publizierten die Alliierten den Hauptkriegsverbrecherprozess auch in deutscher Sprache. Die Nachfolgeprozesse (12 an der Zahl) wurden lediglich auf Englisch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht, die Beweisdokumente und Vorverhöre liegen zum größten Teil immer noch unpubliziert in den Archiven. Das Interesse in Nachkriegsdeutschland, sich detailliert mit den Verbrechen und dem System der Macht im Ditten Reich auseinander zu setzen, war bekanntermaßen nicht besonders groß. Die Alliierten und die Amerikaner zeichneten jedoch den gesamten Prozessverlauf auf, fast alle Aussagen im Gerichtssaal sind als Tondokument in den National Archives in Washington erhalten. Fast nichts davon ist seither wieder gehört worden. Bekannt geworden sind lediglich die Unschuldsbekenntnisse der Hauptangeklagten und weniges mehr; ihr »nicht schuldig« zu Beginn der Verhandlungen steht stellvertretend für ihre Verteidigungsstrategie, sich nur zu dem zu äußern und das zu bekennen, was ihnen einwandfrei nachgewiesen werden konnte. Mit dem heute gesicherten historischen Wissen entlarven sich viele Aussagen von damals als kaltschnäuzige Lügen. »records relistened« unternimmt eine Zeitreise zurück zu den Nürnberger Prozessen; zurück zu dem Moment der Verhöre, zurück zu dem Moment der öffentlichen Konfrontation der NS-Führung mit ihren Taten.« (Ulrich Lampen)

Langtexte kommen meist von den VeranstalterInnen. Das Sozialforum ist hier nur Bote.