Sex und Soziologie - Die umstrittene Max-Weber-Biografie von Joachim Radkau

soziales  uni  unimut 

Freitag, 24.02.2006 17.05 Uhr

SWR2 (UKW 88.8)

Es diskutieren: Prof. Dr. Joachim Radkau, Historiker, Universität Bielefeld; Prof. Dr. Hans Joas, Max-Weber-Kolleg, Erfurt, Fellow am Wirtschaftskolleg, Berlin; Dr. Gustav Seibt, Historiker und Publizist; Moderation: Dietrich Brants

Einige Rezensenten waren extrem genervt von der Tatsache, dass man in der Max-Weber-Biografie von Joachim Radkau auch die sexuellen Neurosen des Soziologen kennen lernt. So unangemessen das manchen erscheinen mag, es verweist auf das, was diese Biografie zeigen will: einen Wissenschaftler, der von Leidenschaft getrieben war und der für seine Forschung meist sehr persönliche Motive hatte - auch für sein großes Thema, die "Rationalisierung". Alles wird bei Max Weber mit diesem Begriff dechiffriert: die legitime Herrschaft, die abendländische Musik, die protestantische Ethik, die Lebensführung der modernen Berufsmenschen. Selbst die Religion mit ihrem Wunderglauben ist für ihn letztlich eine rationale Angelegenheit. Er beschreibt die Moderne als "entzauberte" Welt. Im schlimmsten Fall produziere sie "Fachmenschen ohne Geist, Genussmenschen ohne Herz". Am Ende empfiehlt er jedoch, quasi als Gegengift zur Rationalisierung: Leidenschaft. Nicht die Rationalität, sondern die Leidenschaft ist deshalb für Joachim Radkau das Leitmotiv Max Webers. Was bei einem Autor wie Thomas Mann und dessen Homoerotik nahe zu liegen scheint, steht hier zur Debatte: Leben und Werk, Sex und Soziologie miteinander zu verknüpfen.

Langtexte kommen meist von den VeranstalterInnen. Das Sozialforum ist hier nur Bote.